Pfade zum Ziel: Vergleich der großen Klimaneutralitätsstudien

Neben der dena-Leitstudie Aufbruch Klimaneutralität haben vier weitere große Studien Deutschlands Transformation zur Klimaneutralität bis 2045 analysiert. Die Institutionen haben nun gemeinsam die Szenarien ihrer Studien gegenübergestellt.

Am 7. Oktober 2021 wurde die dena-Leitstudie Aufbruch Klimaneutralität veröffentlicht. Insgesamt sind vier weitere große Klimaneutralitätsstudien erschienen: „Klimapfade 2.0“ des Bundesverbands der Deutschen Industrie, „Klimaneutrales Deutschland 2045“ von Stiftung Klimaneutralität, Agora Energiewende und Agora Verkehrswende, „Deutschland auf dem Weg zur Klimaneutralität 2045“ des Kopernikus-Projekts Ariadne sowie die „Langfristszenarien“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Um die jeweiligen Ergebnisse einzuordnen und den Diskurs zu fördern, haben die Institutionen gemeinsam einen Vergleich ihrer Szenarien angestellt.

Dazu Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der dena-Geschäftsführung:

„Dieser Vergleich ist für die weiteren Diskussionen sicher hilfreich. Es lassen sich einige Tendenzen ablesen, beispielsweise zur Rolle einzelner Technologien und Energieträger. Aber da nur wenige, ausgewählte Indikatoren verglichen wurden, ergibt sich letztlich ein grobes Bild. Alle Studien sind sehr komplex, ihnen liegen aufwändige Modellierungen zugrunde mit unterschiedlichen Annahmen und Herangehensweisen. Wer also tiefergehende Erkenntnisse gewinnen will, muss sich intensiv mit den einzelnen Studien selbst befassen.“

Die wichtigsten Ableitungen aus dem Studienvergleich sind:

Emissionsziel für 2030 in allen Studien erreicht

Das Ziel, den Treibhausgas-Ausstoß bis 2030 um 65 % gegenüber 1990 zu mindern, wird in allen Studien erreicht. Auch der Endenergieverbrauch sinkt in allen Szenarien (bis 2030 um rund 20 %, bis 2045 um rund 45 %). Wichtigster Energieträger zur Deckung des Endenergieverbrauchs wird bis 2045 Strom sein.

Grüner Wasserstoff und Powerfuels

Alle Studien sehen die Notwendigkeit, CO2-frei hergestellten Wasserstoff einzusetzen. In nennenswerten Größenordnungen kommt er in allen Transformationspfaden erst nach 2030 zum Einsatz. In der dena-Leitstudie spielt der Import von Wasserstoff und Powerfuels eine größere Rolle als in anderen Studien. Woher der Wasserstoff kommt, in welchem Umfang er durch Elektrolyse im Inland erzeugt oder importiert werden muss - darin gehen die Studien auseinander.

Mehr Effizienz erforderlich

Die Energieeffizienz spielt eine entscheidende Rolle. In allen Szenarien liegt beispielsweise die mittlere Gebäude-Sanierungsrate bis 2030 zwischen 1,4 und 1,6 % (heute 1,0 %). Selbst bei einer deutlichen Steigerung dieser Rate zeigt dies aber erst mittelfristig Wirkung.

Unterschiede bei Wärme-Technologie

Die Studien gehen jeweils von unterschiedlichen realisierbaren Pfaden beim Ausbau der verfügbaren Technologien im Wärmebereich aus. Das gilt für Wärmepumpen wie für leitungsgebundene Wärme. Ursache hierfür sind die verschiedenen Ansätze der Studien. In der dena-Leitstudie wurden beispielsweise die Heterogenität des Gebäudesektors und die Verfügbarkeit von Fachkräften sehr detailliert betrachtet.

Der Ukraine-Krieg und die Rolle von Erdgas

Deutschland will seine Abhängigkeit von fossilen Energieimporten aus Russland mindern. Welche Antworten geben die Studien auf diese aktuelle Anforderung? In allen fünf Studien spielt Erdgas beim Übergang zu erneuerbaren Energien eine wichtige Rolle. Zwar soll der Anteil am Endenergieverbrauch bis 2030 sinken, mit 16 bis 27 % aber weiterhin einen großen Anteil ausmachen. Diese Transformationspfade müssen nun überdacht werden - und das dürfte erhebliche Auswirkungen auf die Realisierbarkeit der verschiedenen Pfade haben. Umso wichtiger ist es, sofort umsetzbare Maßnahmen zu identifizieren. Dazu zählt allen voran ein verstärktes Engagement für Energieeffizienz.

„Der Vergleich der fünf großen Studien bietet eine erste Übersicht“, so Andreas Kuhlmann abschließend. „Keiner der dargestellten Transformationspfade ist der eine, richtige Weg. Es gibt viele Möglichkeiten und Unwägbarkeiten auf dem Weg zur Klimaneutralität. Das zeigt uns gerade die aktuelle, dramatische geopolitische Lage mit dem Krieg in der Ukraine und Deutschlands Bestrebungen, die Abhängigkeit von fossilen Energieimporten aus Russland rasch zu mindern. Wir müssen also offenbleiben, für alle positiven wie negativen Entwicklungen, die uns noch begegnen werden.“

 

Quelle Teaserbild: dena