Konsequent umsetzen

Unternehmen auf dem Weg zu mehr Energieeffizienz sowie zur Klimaneutralität

16.10.2023 - Hohe Energiekosten und der Umbau zur Klimaneutralität stellen die deutsche Wirtschaft vor große Herausforderungen. Das gerade im Bundestag verabschiedete Energieeffizienzgesetz formuliert dabei neue Anforderungen für Energieeinsparungen. Steffen Joest, dena- Bereichsleiter Industrie, Mobilität & Energieeffizienz erläutert, wie die Initiative Energieeffizienz- und Klimaschutz-Netzwerke (IEEKN) unterstützt, die nötigen Maßnahmen gemeinsam konsequent umzusetzen.

Steffen Joest, Bereichsleiter Industrie, Mobilität & Energieeffizienz / Bild: Götz Schleser

Deutschland will und muss den Energieverbrauch senken. Nur dann kann das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 erreicht werden. Dem Grundsatz „Efficiency First“ nach, stehen auch Industrie, Gewerbe und Dienstleistungssektor vor der schwierigen Aufgabe, ihre Leistungen mit so wenig Energie wie möglich zu erbringen. Denn die sauberste Kilowattstunde ist die, die gar nicht erst erzeugt werden muss. Und das, was sich in Produktion,   Verarbeitung   und   Dienstleistungsbereitstellung    an   Energiebedarf   nicht vermeiden lässt, sollte zukünftig möglichst aus erneuerbaren Energie gedeckt werden.

Während Industrie und Gewerbe auch vor dem Hintergrund stark gestiegener Energiekosten versuchen,   durch   Effizienzgewinne   und   Prozessumstellungen   ihren   Verbrauch   zur reduzieren, steht für die Energiewende-Politik neben der Elektrifizierung häufig eher der Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien im Fokus. Die Frage, wie und zu welchen Konditionen der Strom bei der Wirtschaft ankommt, sorgt allerdings seit Monaten für intensive politische Debatten. Teile der Industrie fürchten, durch die besonders hohen Energiekosten in Deutschland international nicht mehr wettbewerbsfähig zu sein.

Debatte um Subvention energieintensiver Industrie

Bundeswirtschaftsminister  Robert  Habeck  will  die  energieintensive  Industrie  daher  über einen subventionierten Strompreis unterstützen. Der sogenannte Industrie- oder Brückenstrompreis soll dabei die erwartbar höheren Strompreise der nächsten Jahre abfedern. SPD und FDP stehen den Plänen des grün geführten Wirtschafts- und Klimaschutzministeriums jedoch skeptisch bis ablehnend gegenüber. Auch unter Ökonomen wird eine solch mittelfristige Entlastung der Industrie überwiegend eher kritisch gesehen. Die Subventionen könnten Fehlanreize setzen, nötige Anpassungsprozesse sowie Investitionen in Energieeffizienz  und  Transformation  verschleppen  und auslaufende  Geschäftsmodelle zementieren, so die Befürchtung.

Teile der Industrie pochen dagegen weiterhin auf staatliche Hilfen, sonst drohten Betriebsschließungen und Investitionen nur noch im Ausland. Sie erhöhen den Druck auf die Politik. Auch Robert Habeck hält an dem Konzept fest. Erst Ende September haben Vertreter der Chemieindustrie bei einem Termin im Kanzleramt um Unterstützung bei den hohen Energiekosten geworben. Während die Debatte um einen Brückenstrompreis anhält, arbeitet die Bundesregierung parallel auch an der Senkung des Energieverbrauchs in Deutschland. Das am 21. September 2023 verabschiedete Energieeffizienzgesetzes (EnEfG) soll dafür weitere Weichen stellen.

EnEfG verpflichtet Bund, Länder und Unternehmen

Mit dem Energieeffizienzgesetz (EnEfG) setzt sich Deutschland verbindliche Energieeinspar- Ziele: Der Endenergieverbrauch soll bis 2030 im Vergleich zum Jahr 2008 um mindestens 26,5 Prozent auf 1.867 Terawattstunden sinken; bis 2040 um mindestens 39 Prozent und bis 2045  um 45 Prozent.   Bund, Ländern und Unternehmen werden verschiedene Verpflichtungen auferlegt, um die dafür nötige Menge an Energie einzusparen. Kein Wunder, dass die möglichen Auswirkungen des Gesetzes auch Thema der siebten Jahresveranstaltung der Initiative Energieeffizienz- und Klimaschutz-Netzwerke (IEEKN) war – genau am Tag der Verabschiedung des EnEfG im Bundestag. Einige Wirtschaftsverbände beklagten dort, dass der „Bürokratie-Dschungel“ durch die neuen Anforderungen noch undurchdringlicher würde.

Das EnEfG verpflichtet Unternehmen ab 2024, konkrete Pläne zur Umsetzung von wirtschaftlichen Energieeffizienzmaßnahmen zu erstellen. Unternehmen, die mehr als 2,5 GWh pro Jahr an Endenergie verbrauchen, müssen innerhalb von drei Jahren konkrete, durchführbare Umsetzungspläne für alle wirtschaftlichen Endenergieeinsparmaßnahmen erstellen und veröffentlichen. Unternehmen, die mehr als 7,5 Gigawattstunden (GWh) pro Jahr an Endenergie verbrauchen, müssen darüber hinaus ein Energie- oder Umweltmanagementsystem einführen.

Keine Pflicht, Maßnahmen umzusetzen

Eine Pflicht, diese Maßnahmen auch umzusetzen, wie es ein früherer Entwurf des Gesetzes vorsah, beinhaltet  das  aktuelle  EnEfG  jedoch  nicht  mehr.  Das  könnte  auch  der  aktuell wirtschaftlich   schwierigen   Lage   geschuldet   sein.   Umfragen   zeigen,   dass   trotz   der Dringlichkeit von Energie- und Ressourceneinsparungen sowie verstärkten Klimaschutz- Anstrengungen  die  Bereitschaft  von  Unternehmen  zur  Investition  in  Energieeffizienz gesunken ist – aufgrund fehlender Planungssicherheit, hoher Energiepreise und wirtschaftlicher Herausforderungen (vgl.:  BDI, Lagebild im industriellen Mittelstand 2023; IHK, Energiewende-Barometer 2023). Laut Energieeffizienz-Index beispielsweise liegt die Investitionsbereitschaft auf dem niedrigsten Stand der vergangenen zehn Jahre (EEP, Sommererhebung 2023).

Investitionen in Energieeffizienz und Klimaschutz sind jedoch nicht nur entscheidend für Deutschlands Energie- und Klimaziele, sondern stärken auch die Innovationskraft und Widerstandsfähigkeit von Unternehmen in Krisenzeiten. Verschiedene Studien kommen zu dem Schluss, dass die deutsche Industrie allein durch Effizienzgewinne und Prozessumstellungen bis 2030 ihren Energiebedarf um etwa 20 Prozent reduzieren kann (vgl.:  dena, Leitstudie 2021; Ariadne Projekt, Report 2021; Fraunhofer Gesellschaft, Eneff in derProduktion,2008). Diese Maßnahmen in den Unternehmen zu etablieren, ist ein Ziel der Initiative Energieeffizienz- und Klimaschutz-Netzwerke.

Meta-Netzwerk mit mehr als 3.300 Unternehmen

2014 als Initiative für Energieeffizienz-Netzwerke gestartet und 2021 um die Themen Klimaschutz, Energiewende, Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit erweitert, helfen die Netzwerke unter dem Dach der Initiative Unternehmen aller Branchen und Größen dabei, sich sowohl branchenübergreifend als auch branchen- oder unternehmensintern auszutauschen und Maßnahmen zugunsten von Energieeffizienz und Klimaschutz umzusetzen – auf freiwilliger Basis.

Die Initiative wird von 21 Verbänden und Organisationen der Wirtschaft gemeinsam mit der Bundesregierung sowie von zahlreichen weiteren unterstützenden Projektpartnern getragen. Innerhalb des Meta-Netzwerks sollen bis 2025 neun bis elf Terawattstunden Endenergie beziehungsweise fünf bis sechs Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen eingespart werden. Die Netzwerke der IEEKN haben bereits mehr als 3.300 Unternehmen in über 390 Netzwerken zusammengebracht, um gemeinsam Lösungen zu erarbeiten und Einsparungen umzusetzen.

Bislang ungenutzte Einsparpotenziale heben

Weil aber in zahlreichen Betrieben immer noch Potenziale zur Reduzierung des Energiebedarfs schlummern und die Energiepreise seit 2022 stark angestiegen sind, hat die Netzwerkinitiative eine große Zahl an möglichen Kurzfristmaßnahmen (IEEKN, Kurzfristmaßnahmen) zusammengestellt und in Factsheets als praktische Handlungsempfehlungen gebündelt. Die Isolierung von Wärmeleitungen, die Anhebung der Kühltemperatur im Serverraum oder beispielsweise das Schließen von Lecks in Druckluftnetzen sind Maßnahmen, die sich nicht nur recht schnell umsetzen lassen, sondern meist auch äußerst rentabel sind. Das spart nicht nur Energie, sondern auch Kosten und setzt so wieder Kapazitäten für weitere Investitionen frei.

Die Factsheets decken eine große Bandbreite an Kurzfristmaßnahmen ab und stellen konkrete Schritte für die Umsetzung sowie Praxisbeispiele vor. Jedes Factsheet erläutert auf wenigen Seiten eine Maßnahme im Detail und liefert Rechenbeispiele zu den möglichen Energie-, CO2- und Kosteneinsparungen. Damit liefert die Initiative Energieeffizienz- und Klimaschutz-Netzwerke einen ausführlichen Maßnahmenkatalog, der Unternehmen nicht nur hilft, ihren Energieverbrauch kurzfristig und nachhaltig zu senken und damit ihre Resilienz gegen künftige Krisen zu stärken, sondern sie auch befähigt, die Anforderungen des Energieeffizienzgesetzes einfach zu erfüllen.

Schließlich brauchen die Unternehmen einen Teil ihrer Zeit für komplexere Fragen: Mit welchen nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen lässt sich in Zukunft Geld verdienen und wie gelingt die Transformation zu Klimaneutralität nicht nur technisch, sondern auch praktisch. Gut, dass parallel auch diese Themen in den Netzwerken bearbeitet werden und die Bundesregierung über die Förderung von Transformationskonzepten (EEW-Modul5) hier bereits heute attraktive Fördermittel bereitstellt.